Der Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 n. Chr. erreichte Herculaneum erst in den frühen Morgenstunden des zweiten Tages mit einer pyroklastischen Wolke. Deren enorme Hitze vernichtete binnen kurzer Zeit alles Leben. Anders als in Pompeii wurden dabei die Häuser nur wenig beschädigt und kamen, fast 2000 Jahre später, unter der dicken Ascheschicht fast unversehrt wieder zum Vorschein.
Glaubt man dem griechischen Geschichtsschreiber Dionysios von Halikarnassos wurde Herculaneum vom griechischen Halbgott Herakles (röm.: Herkules) gegründet. Vermutlich wurde der Ort aber etwa im 4. Jahrhundert v. Chr. als planmäßig angelegte griechische Kolonie erbaut und gehörte zum Herrschaftsgebiet des italischen Volksstamms der Samniten. Nach dem Bundesgenossenkrieg 89 v. Chr. wurde diese zusammen mit Pompeii und Stabiae Teil des römischen Herrschaftsgebiets und erhielt das römische Stadtrecht (municipium).
Herculaneum war kein Handels- oder Hafenort, sondern vielmehr eine beliebte Sommerfrische römischer Bürger, die ihre Villen meist im südlichen Viertel mit Blick auf den Golf von Neapel erbauten und oft luxuriöser ausstatteten als die Privathäuser in Pompeii. Zur Zeit des Ausbruchs lebten hier etwa 4000 bis 5000 Menschen auf einer Fläche von nur ca. 15-20 ha.
Vom ersten Ausbruch des Vesuvs am 24. Oktober blieb Herculaneum zunächst verschont, da der größte Teil des Asche- und Bimssteinregens zunächst vor allem über Pompeii niederging. Die auf den Zusammenbruch der Eruptionssäule folgende pyroklastische Wolke erreichte Herculaneum jedoch in den frühen Morgenstunden des 25. Oktobers. Sie brachte eine enorme Hitze mit sich, die alles organische Material verkohlte. Wer bisher noch nicht geflohen war, hatte keine Chance mehr zu entkommen. Die Gebäude jedoch blieben so gut wie unversehrt und wurden erst später unter einer bis zu 30 Meter dicken Schicht aus Asche und pyroklastischem Material begraben, die alles bis heute mehr oder weniger luftdicht konservierte.
Im Laufe der Zeit ging das Wissen über die Lage von Herculaneum verloren, so dass es fast vollständig überbaut wurde. Erst 1709 stieß man zufällig auf erste Reste, die ab 1738 zunächst in Stollentechnik und ab 1828 auch als Freiluftgrabungen freigelegt wurden. Allerdings wurden viele der besonders schönen Fresken aus den Wänden gebrochen und verschwanden in den Sammlungen der Bourbonenkönige. Heute ist die Südwestecke mit rund 4,5 ha (etwa ¼ der ursprünglichen Stadt) ausgegraben, der Rest liegt, wie beispielsweise die Villa dei Papiri, noch unter dem modernen Ercolano verborgen bzw. ist nur zum Teil freigelegt.
Obwohl Herculaneum seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe “Archäologische Stätten von Pompeii, Herculaneum und Torre Annunziata” gehört, drohte die Substanz, ähnlich wie in Pompeii, aus Geldmangel zu verfallen. Dank eines 2001 ins Leben gerufenen, halb privaten, halb staatlichen Erhaltungsprogramms konnten inzwischen große Teile davon gerettet und konserviert werden.
Die gefundenen Gebäude sind architektonisch vielfältiger als die in Pompeii. Wegen der dicken Ascheschicht (etwa 4 Mal so dick wie die in Pompeii) sind noch viele Mauern, Holzbalken und Gegenstände erhalten, die zwar durch die hohen Temperaturen verkohlt wurden, aber weder durch Witterungseinflüsse (Luft) noch durch Plünderungen zerstört wurden oder verlorengingen. Sogar organisches Material wie Brote, Obst und andere Lebensmittel blieben erhalten und auch die erst 1982 in den Bootshäusern entdeckten etwa 340 menschlichen Skelette sind noch gut erhalten.
Warum sich so viele Menschen in den Bootshäusern zusammengedrängt hatten, ist für die Forscher noch rätselhaft, da zwischen dem Ausbruch des Vesuvs und der ersten pyroklastischen Wolke genug Zeit zur Flucht geblieben wäre. Vielleicht warteten sie ja auch auf Rettung über das Meer, denn in Misenum war zu dieser Zeit unter dem Befehl von Gaius Plinius Secundus Maior (Plinius der Ältere) eine über 6000 Mann starke Militärflotte stationiert. Oder es handelte sich um Kranke, Alte oder Sklaven, die die Stadt nicht mehr rechtzeitig verlassen konnten.
Herculaneum ist täglich gegen Eintritt geöffnet (reduzierter Eintritt z.B. mit der campania artecard). Um sich besser zurechtzufinden, ist der am Eingang erhältliche Geländeplan sinnvoll, man kann aber auch Audioguides ausleihen.
Lage: Parco Archeologico di Ercolano, Corso Resina 187, 80056 Ercolano