Der Kultraum im Priesterkolleg der Augustalen war einst mit herrlichen Fresken geschmückt. Einige Reste davon sind noch gut erhalten und zeigen mythologische Szenen aus dem Leben des Halbgottes Herkules.
Der Priesterkolleg der Augustalen, eines Ordens von freigelassenen Männern, die den Kaiserkult vollzogen, befand sich südlich des Forums von Herculaneum. Es wurde in der zweiten Hälfte der Regierungszeit von Kaiser Augustus und noch bereits zu seinen Lebzeiten gegründet.
Die bei Ausgrabungen aufgefundene Widmungsinschrift nennt die Brüder Aulus Lucius Proculus und Aulus Lucius Iulianus als Stifter und erwähnt ein am Tag der Einweihung abgehaltenes Bankett für die Decuriones und die Augustales. Auf einem Graffiti an einer Wand wurde das Gebäude als Curia Augustiana bezeichnet, so dass man es heute eindeutig seiner einstigen Funktion zuordnen kann.
Der Haupteingang, neben dem sich rechts ein Eichamt (pondera) mit Maßen und Gewichten und links ein Versammlungsort oder eine Schola befanden, lag am Decumanus Maximus. Von hier führte ein langer Korridor in den zentralen Raum des Gebäudes. Ein weiterer Nebeneingang lag am Cardo III.
Der quadratische Hauptraum besitzt in der Mitte 4 Säulen, die ein flaches Dach stützten, das über Oberlichter Licht in den Raum hineinließ. Die durch den Vulkanausbruch karbonisierten Originalbalken des Daches sind noch heute gut zu erkennen. Der Boden war mit farbigen Marmorintarsien (opus spicatum) ausgelegt, von denen noch Reste vorhanden sind.
Dem Eingang gegenüber befand sich der Kultraum (sacellum), dessen prachtvolle Fresken neben architektonischen Elementen, wie Fenster und Türen, auch Triumphwagen und Theatermasken zeigen, die heute noch recht gut erhalten sind.
Die Fresken auf der linken Seite zeigen den Halbgott Herkules, der begleitet von seinem göttlichen Vater Jupiter (in Form eines Regenbogens), dessen Gattin Juno und seiner Halbschwester Minerva (erkennbar an ihrem Helm) in den Olymp aufgenommen wird. Auf der rechten Seite ist Herkules (mit Löwenfell) mit dem Flussgott Achelous und der ätolischen Königstochter Deianira dargestellt. Da Achelous die Deianira entführt hatte und gegen ihren Willen heiraten wollte, forderte ihn Herkules zu einem Ringkampf heraus und erhielt als Siegespreis die Hand der schönen Prinzessin.
An der Stirnseite des Sacellums stand auf einem Sockel vermutlich eine Statue oder Büste des Kaisers Augustus, über die ein Lorbeerkranz gemalt war.
Am Nebeneingang rechts vom Sacellum lag ein Raum für einen Pförtner oder Priester, der beim Ausbruch des Vesuvs wohl nicht mehr rechtzeitig fliehen konnte. Dessen Skelett, mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett liegend, ist noch heute in einer Glasvitrine zu sehen.
Lage: Sede degli Augustali, Insula VI.21, Parco Archeologico di Ercolano, Corso Resina 187, 80056 Ercolano