Das antike Nora besaß eine perfekte Lage auf einer Landzunge, die im Nordosten, Westen und Südosten jeweils ein natürliches und geschütztes Hafenbecken besaß. Obwohl einige Teile der Stadt heute unter Wasser liegen, sind noch einige imposante Reste aus der römischen Kaiserzeit zu entdecken.
Der Legende nach wurde die Stadt zwischen dem 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. von Norax von Tartessos gegründet. Dieser stammte aus dem Südwesten der iberischen Halbinsel und war ein Enkel des Königs Geryon. Wahrscheinlicher jedoch war Nora eine auf den Resten einer Nuraghensiedlung errichtete phönizische Handelsniederlassung, denn die Lage mit den 3 geschützten Naturhäfen war für den Handel im Mittelmeer ideal. Die Siedlung, die etwa dort lag, wo sich heute die Reste des römischen Forums befinden, entwickelte sich schon bald zur größten Stadt auf der Insel.
Nach dem 1. Punischen Krieg um 240 v. Chr. wurde Nora von den Römern erobert und anschließend fast komplett neu gebaut. Im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. entstand ein Villenviertel mit großen Wohnhäusern (domus) und ein Tempelbezirk. Um 50 v. Chr. wurden das Forum, der Tempel und das Theater gebaut. Im 1. Jahrhundert n. Chr. wurde die rund 8000 Einwohner zählende Stadt zum municipium erhoben und erlebte während der römischen Kaiserzeit im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. als bedeutendes Handelszentrum im Mittelmeer die größte Blütezeit.
Mitte des 5. Jahrhunderts eroberten die Vandalen Sizilien, worauf der langsame Niedergang der Stadt begann. Auch aufgrund von wiederholten Überfällen sarazenischer Piraten und des Anstiegs des Meeresspiegels wurde die Stadt spätestens ab dem 8. Jahrhundert n. Chr. aufgegeben und die Einwohner zogen sich komplett ins Landesinnere zurück.
Bei einer Sturmflut im 19. Jahrhundert kam die antike Stadt wieder zum Vorschein und wurde ab ca. 1950 ausgegraben. Dabei kamen jedoch nur noch wenige phönizische Reste zum Vorschein, die meisten heutigen Relikte stammen aus der frühen römischen Kaiserzeit (1. und 2. Jahrhundert n. Chr.).
Der Rundgang führt heute zunächst von der Levante-Therme (Terme di Levante) am nordöstlichen Hafen zum auf einer Anhöhe gelegenen Tanit-Tempel, von dem aus man sich einen guten Überblick über das Gelände verschaffen kann. Südlich davon liegt ein Wohnviertel mit typisch punischer Bauweise, das wegen seiner verwinkelten Häuser und Gassen oft auch als „Kasbah“ bezeichnet wird.
Eine gepflasterte Straße verläuft entlang des Marktviertels zum Westhafen, wo eine halb vom Meer überspülte Christliche Basilika liegt. Von der südlich gelegenen See-Thermen (Terme a mare) sind noch der Grundriss und einige Gewölbereste zu erkennen. Weiter geht es über das Haus mit dem viersäuligen Atrium (Casa dell’Atrio Tetrastilo) zum punisch-römischen Äskulaptempel im Süden.
Auf dem Rückweg entlang des Südosthafens kommt man an den Zentralthermen, dem noch gut erhaltenen römischen Theater, dem Forum und dem römischen Tempel (Tempio romano) vorbei. Auf der östlichen Landzunge erhob sich einst die Akropolis – heute steht hier der Sarazenenturm (Torre del Coltellazzo), der im frühen Mittelalter zum Schutz vor Piratenüberfällen erbaut wurde.
Die Ausgrabungen können nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden und sind täglich gegen Eintrittsgebühr geöffnet.
Lage: Area Archeologica di Nora, Capo di Pula, Viale Nora, 09010 Pula
Link:
nora.beniculturali.unipd.it; www.sardegnaturismo.it/en/explore/ancient-city-nora