Das Ende des 1. Jahrhunderts von einer Spezialeinheit berittener Bogenschützen aus Kommagene gegründete Kastell erhielt von dieser ihren Namen Comagenis bzw. Castra Comagena. Die genaue Größe kann heute nur noch geschätzt werden, denn nach Abzug der Römer wurde von der Donau etwa ein Drittel des Kastellareals fortgespült.
Das erste Holz-Erde-Kastell von Comagenis wurde ca. 81 n. Chr. zur Zeit von Kaiser Domitian errichtet. Es bestand aus einer Lehm-Ziegelmauer mit Holztürmen, war etwa 1,5 ha groß und mit etwa 500 Mann einer Reitereinheit besetzt.
Dieses Kastell wurde dann ab 104 n. Chr. von der Ala I Commagenorum milliaria sagittaria, einer aus dem Königreich Kommagene in Kleinasien stammenden Einheit aus ca. 1000 berittenen Bogenschützen, durch ein Steinkastell mit einer Fläche von ca. 4,5 ha ersetzt. Um das Kastell herum entstanden im Westen und Süden außerdem große Lagerdörfer und mehrere Gräberfelder.
In der Spätantike ab Anfang des 4. Jahrhunderts n. Chr. wurde die Umwehrung mit mindestens 2 Ecktürmen (Fächertürme) und 6-12 Seitentürmen (Hufeisentürme) verstärkt und das Lager auf rund 5-6 ha vergrößert. Außerdem war hier nun eine neue Einheit von Speerwerfern (Lanciarii Comaginensis), eine weitere Reitereinheit und ein Teil der Donauflotte stationiert.
Ab Beginn des 5. Jahrhunderts wurde die Truppenstärke in den Donaukastellen nach und nach reduziert und die Bevölkerung siedelte gleichzeitig zum Schutz vor den Germanen in das Kastellinnere um, bis um 488 n. Chr. auch Comagenis von den Römern endgültig aufgegeben wurde. Der Ort wurde erst wieder in karolingischer Zeit besiedelt und unter dem Namen Tulna oder Tullina bekannt.
Bereits im 18. Jahrhundert wurden römische Funde entdeckt, aber erst seit 1928 wurden auf dem Areal des Kastells, der Lagerdörfer und Gräberfelder systematische archäologische Grabungen und Notgrabungen durchgeführt und dabei verschiedene Gebäude der Lagerdörfer, Teile der Lagerbefestigung und der Innenbebauung des Kastells, mehrere Gräberfelder und eine große Zahl an Kleinfunden ausgegraben.
Die Fundamente des östlichen Lagertors (porta principalis dextra) wurden 1980 bei der Erweiterung des Landeskrankenhauses entdeckt und freigelegt. Hierbei kamen neben Mauerresten des Holz-Erde-Kastells aus der frühen Kaiserzeit die noch gut erhaltene Toranlage des Steinkastells mit Resten der Kastellmauer aus der Zeit um 104 n. Chr. zum Vorschein. Das insgesamt rund 22 Meter breite Tor besaß eine doppelte Tordurchfahrt mit jeweils 4,2 m breiten Fahrspuren und war von 2 rechteckigen, etwas vorspringenden Tortürmen flankiert. In der Spätantike wurde das Tor verkleinert und dabei die südliche Tordurchfahrt zugemauert. Das Tor, das sich östlich neben dem Museum befindet, wurde 2001 restauriert und mit einem Schutzbau versehen.
Die Reste der Südmauer und eines der südlichen Zwischentürme wurden bereits 1964 entdeckt und anschließend ausgegraben, der Fächerturm der Südostecke wurde 1989 ausgegraben. Im Zuge der Freilegung eines Teils der Westmauer 1995 konnte die Position des Westtores (porta principalis sinistra) berechnet werden.
Heute kann man die Reste des Osttores durch die Glasfront des Schutzbaus jederzeit besichtigen. Die Lage des Westtors ist durch eine Bronzetafel an einer Wohnanlage in der Ländgasse/Ecke Nibelungenstraße markiert, Teile des Maueransatzes der Südmauer und der im Gehsteig markierte Verlauf sind in der Bonvicinistraße zusammen mit einer Gedenktafel zu sehen. Der Fächerturm der Südostecke, der sich auf dem Gelände der Hauptschule an der Wienerstraße befindet, ist nur im Rahmen einer Stadtführung zu besichtigen.
Lage: Porta Principalis Dextra, Donaulände 50, 3430 Tulln an der Donau (direkt hinter dem Museum)