Zeiselmauer ist mit großer Wahrscheinlichkeit das römische Cannabiaca, das östlichste Kastell am norischen Donaulimes. Die Reste des Burgus, des Fächerturms und des Körnerkastens gehören zu den Lagerbefestigungen des 4. Jahrhunderts und sind wegen ihrer monumentalen und gut erhaltenen Mauerreste in ganz Österreich einzigartig.
Cannabiaca war das letzte Kastell der Provinz Noricum, das am Donaulimes die Grenze sicherte. Das um 80 n. Chr. errichtete Holz-Erde-Kastell war ursprünglich Standort einer nicht näher bekannten rund 500 Mann starken gemischten Auxiliarkohorte aus Reitern und Fußsoldaten (cohors equitata).
Zwischen ca. 122 und etwa 150 n. Chr. wurde das Kastell von der hier stationierten Cohors II Thracum equitata nach und nach in Stein erneuert. Aufgrund der zunehmenden Germanenüberfälle begann ab dem Beginn des 4. Jahrhunderts n. Chr. dann der Umbau zu einer regelrechten Festung mit Fächertürmen in den Lagerecken und Zwischentürmen.
Im Zuge des allmählichen Rückzugs der Römer aus der Donauregion ab etwa 370 n. Chr. wurde der nordwestliche Eckturm zuletzt zu einem Restkastell (burgus) umgebaut, in das sich die auf ca. 50 Mann verringerte Uferwächtermannschaft (ripenses oder limitanei) zurückzog. Zusätzlich wurde das auf der gegenüberliegenden Kastellseite liegende östliche Lagertor verschlossen und festungsartig ausgebaut. Auch die Bevölkerung des Lagerdorfs suchte nun innerhalb des Kastellareals Schutz, so dass Cannabiaca letztendlich zu einer befestigten Siedlung (oppidum) wurde.
Um 460 n. Chr. wurde das Kastell endgültig zerstört und verlassen. Erst für das Ende des 8. Jahrhunderts sind wieder erste Nachweise für eine zunehmende Besiedelung zu finden, der ursprüngliche römische Name ging verloren und der Ort wird 971 erstmals wieder als Zeizinmurus erwähnt.
Das Steinkastell war gut 2 ha groß und besaß ab dem 4. Jahrhundert n. Chr. 4 Lagertore, 8 hufeisenförmige Zwischentürme und an den Ecken ca. 9 Meter hohe Fächertürme, von denen der nordwestliche um 370 n. Chr. durch einen Burgus ersetzt wurde. Die Zivilsiedlung mit ca. 1000 Einwohnern, die aus Händlern, Handwerkern und Soldatenfamilien bestand, lag südlich und südwestlich des Kastells.
In Zeiselmauer wurden schon im 18. Jahrhundert immer wieder römische Funde gemacht, aber nicht mit den Ruinen im Ort in Verbindung gebracht. Dass es sich hierbei um ein römisches Kastell handelt, wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts klar. Systematische Ausgrabungen fanden in Zeiselmauer erst ab etwa 1910 statt, weitere folgten in den 1970er Jahren. Heute befinden sich in Cannabiaca nach Carnuntum die am besten erhaltenen antiken Gebäude Österreichs.
Ein etwa 500 Meter langer Rundweg verbindet in etwa ½ Stunde die noch sichtbaren römischen Bauten miteinander. Beginn ist am Kirchenplatz, wo unter der Kirche das römische Fahnenheiligtum des Stabsgebäudes (principia) aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. liegt. Über die B14, an der das heute nicht mehr sichtbare Westtor (porta principalis sinistra) lag, erreicht man am Florianiplatz rechts die Augasse und an deren Ende das Restkastell (burgus). Weiter geht es rechts über die Römergasse zum Fächerturm der NO-Ecke und von dort rechts über einen Fußweg zum Körnerkasten. Über den Kirchenplatz führt der Weg nun zur Volksschule mit den Resten der südlichen Lagermauer und eines südlichen Zwischenturms (letzterer ist aber nicht zugänglich). Folgt man der Schulgasse in westlicher Richtung, erreicht man nach ca. 5 Minuten an der Ecke Bahnhofstraße das Gemeindeamt mit dem römischen Schauraum.
Der ausgeschilderte Rundweg mit informativen Schautafeln und anschaulichen Kastellmodellen ist jederzeit frei zugänglich. Das Fahnenheiligtum in der Unterkirche ist nur mit Führung und nach Anmeldung zu besichtigen.
Lage: Startpunkt des Römerrundgangs am Kirchenplatz, 3424 Zeiselmauer-Wolfpassing
Link: www.cannabiaca.com/147-2