Ausgrabungen am Michaelerplatz Wien

Römische Provinz: Pannonia Superior

Die Ausgrabungen am Michaelerplatz sind heute in die Gestaltung des Hofburgvorplatzes integriert und wirken wie ein Fenster in die Vergangenheit. Hier lag während der Römerzeit das Handwerkerviertel der Lagervorstadt.

Die Lagervorstadt (canabae legionis) von Vindobona wurde etwa zeitgleich mit dem Legionslager um 90 n. Chr. erbaut und erstreckte sich halbkreisförmig um das Legionslager herum – etwa innerhalb des Bereichs, der heute von der Ringstraße begrenzt wird. Der älteste Teil lag dabei südwestlich des Lagers am heutigen Michaelerplatz, der östliche Teil wurde erst im 2. Jahrhundert n. Chr. besiedelt.

Direkt am Michaelerplatz lag das Handwerkerviertel der Canabae, hier befand sich zur Römerzeit auch eine wichtige Straßenkreuzung zwischen der entlang der Donau verlaufenden Limesstraße und einer Handelsstraße, die Richtung Süden nach Sopron/Ödenburg (Scarbantia) am Neusiedler See und von dort aus weiter bis nach Aquileia führte.

Auf einer Fläche von rund 94 ha lebten mit den Familien der Soldaten, den Veteranen, Handwerkern und Händlern bis zu 16.000 Menschen in der Canabae. In den größtenteils aus Holz und Fachwerk erbauten Streifenhäusern wurde Eisen und Buntmetall verarbeitet, es gab Beinschnitzer, Töpfereien und Brennöfen, die größtenteils für den Bedarf des Legionslagers produzierten. Zudem gab es Läden, Thermen, Schänken und auch Bordelle. Eine rund 12 römische Meilen (ca. 17,5 km) lange Wasserleitung versorgte die Bevölkerung mit Frischwasser aus dem Wienerwald. Etwa um 260 n. Chr. wurde die Siedlung weitestgehend aufgegeben und die Bevölkerung zog sich nach und nach in das Lagerareal zurück, während das Areal der Canabae u.a. als Gräberfeld genutzt wurde.

Zusätzlich zur Lagervorstadt entstand etwa ab Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine Zivilsiedlung südöstlich des Legionslagers. Sie lag an der Straße nach Carnuntum, deren Verlauf heute noch weitgehend dem der heutigen Rennstraße entspricht. Auf einer in seiner größten Ausdehnung bis zu 40 ha großen Fläche siedelten etwa 15.000 Menschen, es gab Handwerksbetriebe, Gewerbe und Gaststätten, es wurden Ziegel produziert und Waren gehandelt. Die Siedlung erhielt im Laufe ihres Bestehens eine Stadtmauer und wurde vermutlich zwischen 120 und 250 n. Chr. zur Stadt (municipium) erhoben. Bereits in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts begann jedoch eine Abwanderung der Bevölkerung und die Stadt wurde aufgegeben.

Bei den Ausgrabungen auf dem Michaelerplatz zwischen 1990 bis 1991 konnten 4 verschiedene Gebäude identifiziert werden: eine Eisenschmiede, ein Wohnhaus, ein Ehrengrab und ein umfangreicher Gebäudekomplex, in dem man römische Wandmalereien, einen Wasserkanal und ein zur Straße hin ausgerichtetes Ladengeschäft (taberna) gefunden hat.

Heute kann man noch gut einige Reste der Gebäudemauern und Heizkanäle der Hypokausten erkennen, auch ein kleiner Rest einer rankenförmigen Wandbemalung ist noch zu entdecken.

Die Ausgrabungen auf dem Michaelerplatz sind jederzeit frei zugänglich.

Lage: Ausgrabungen Michaelerplatz, Michaelerplatz, 1010 Wien

Link: www.wienmuseum.at/de/standorte/ausgrabungen-michaelerplatz